Im Handlungsfeld "MINT-Bildung" wurden viele Verbesserungen in Bezug auf Diversität (Frauenanteil in T-Studiengängen, Ausländeranteil) erreicht. Dem gegenüber stehen stagnierende Indikatoren und teilweise negative Entwicklungen wie bei der Erasmus-Erfahrung in technischen Studiengängen. Auch die bis zur Mitte der Dekade gestiegenen Zahlen der MINT-Studienanfängerinnen und -anfänger sind seitdem rückläufig; zuletzt noch einmal verstärkt durch die Covid-19-Pandemie. Das Handlungsfeld MINT-Bildung erreicht zum Abschluss so nur 32 von 100 Punkten.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht für seine Zukunftsfähigkeit eine ausreichende Anzahl gut ausgebildeter MINT-Absolventinnen und -Absolventen. MINT-Arbeitskräfte legen den Grundstein für die notwendigen Transformationsprozesse in deutschen Unternehmen und Behörden. Die MINT-Fächer umfassen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Das Handlungsfeld "MINT-Bildung" zielt auf mehr Vielfalt unter den Studierenden durch Erhöhung des Frauen- und Ausländeranteils, damit die Nachfrage nach MINT-Fachkräften besser gedeckt werden kann und Problemstellungen aus den verschiedenen Blickwinkeln unserer Gesellschaft betrachtet werden.
Zielsetzung für das Jahr 2020 war es, den Frauenanteil in den MIN-Fächern und Technikwissenschaften dem Stand der drei erfolgreichsten Bundesländer im Jahr 2010 anzupassen, das ist ein Anteil von 41 (MIN-Fächer) beziehungsweise 26 Prozent (T-Fächer). Um den Grad an Internationalität im MINT-Bereich zu erhöhen, sollte zudem der Anteil an internationalen MIN-Studierenden auf 12 Prozent und der Anteil an internationalen T-Studierenden auf 13 Prozent steigen. Der Anteil an internationalen Studiengängen sollte sich deutschlandweit analog zu den führenden drei Bundesländern auf über 10 Prozent erhöhen.
Der Gesamtindex der MINT-Bildung hat sich seit 2017 von 41 Punkten leicht auf 42 Punkte im Jahr 2019 verbessert. Für das Jahr 2020 konnten nur 32 Punkte erreicht werden; allerdings ist dieser Wert stark durch die Covid-19-Pandemie beeinflusst. Rund die Hälfte aller internationalen Studierenden studiert ein MINT-Fach und der internationale Austausch war pandemiebedingt stark rückläufig. Im Coronajahr 2020 sind die Zahlen der Studienanfängerinnen und -anfänger in MIN- und T-Fächern dementsprechend im Vergleich zum Vorjahr gesunken, liegen aber trotzdem noch über dem Zielwert von 87.000 für 2020 mit rund 91.000 für MIN und rund 89.000 für T. Während der Rückgang für MIN vermutlich allein durch die Covid-19-Pandemie zu erklären ist, waren die Zahlen im T-Bereich allerdings schon seit 2015 rückläufig.
In Bezug auf Diversität und Internationalität gibt es große Erfolge zu vermelden. Seit 2015 haben sich die Zahlen hier kontinuierlich verbessert, so dass die Zielmarken für den Anteil ausländischer Studierenden für das Jahr 2020 für MIN- und T-Studiengänge sogar übertroffen werden konnten. Der Anteil weiblicher Studierender hat seine Zielmarken für 2020 nicht ganz erreicht, hat sich aber trotzdem in MIN und T seit 2015 stark verbessert. Mit 37,5 Prozent von angepeilten 41 Prozent liegt der MIN-Bereich hier noch etwas mehr zurück als der T-Bereich mit 25,4 Prozent von angepeilten 26 Prozent. Diese Fortschritte im T-Bereich müssen in Bezug zu den gesunkenen Studierendenzahlen insgesamt betrachtet werden: Dem Rückgang an männlichen Studienanfängern steht eine etwa gleichbleibende Anzahl weiblicher Studienanfängerinnen gegenüber.
In der Internationalisierung stehen MIN-Studiengänge besser da als T-Studiengänge. Der Anteil internationaler MIN-Studiengänge an allen MIN-Studiengängen ist seit dem Jahr 2013 kontinuierlich angestiegen und konnte schon im Jahr 2017 die Zielmarke von 11 Prozent erreichen; im Jahr 2020 stand er bei 12,5 Prozent. Das etwas höher gesetzte Ziel von einem Anteil von 16 Prozent internationaler T-Studiengänge konnte nicht erreicht werden. Hier schwankte der Anteil in den vergangenen Jahren zwischen elf und zwölf Prozent und steht im Jahr 2020 bei 11,6 Prozent. Zahlen zum Anteil der Studierenden mit Erasmus-Auslandserfahrung waren für die Jahre 2019 und 2020 nicht verfügbar. Die letzten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2018 zeichnen auch hier eine positivere Entwicklung im MIN-Bereich, der mit einem Anteil von 8,8 Prozent MIN-Studierender mit Auslandserfahrung an allen MIN-Studierenden sich dem Ziel von 10,2 für das Jahr 2020 angenähert hat. Der Anteil T-Studierender mit Erasmus-Auslandserfahrung war zwischen den Jahren 2010 und 2017 rückläufig und ist erst im Jahr 2018 wieder leicht auf 4,1 Prozent gestiegen – weit von der Zielmarke 10,2 Prozent für das Jahr 2020 entfernt. Der Unterschied in der Auslandserfahrung zwischen MIN- und T-Studiengängen geht möglicherweise auf den höheren Anteil weiblicher Studierender in MIN-Studiengängen zurück; knapp zwei Drittel der Erasmus-Studierenden sind weiblich.
Dass die vom Hochschul-Bildungs-Report im Jahr 2014 postulierte verstärkte Internationalisierung der MINT-Studiengänge voranschreitet, zeigt unter anderem deren Anstieg seitdem um etwa vier Prozentpunkte. Und der Bedarf ist groß; beispielsweise bewerben sich auf die neu eingeführten komplett englischsprachigen Masterstudiengänge im technischen Bereich der Fachhochschule Dortmund zum Teil mehr als 1.000 Bewerberinnen und Bewerber. Auch die im Jahr 2015 geforderte Steigerung des Anteils ausländischer Frauen in MINT-Studiengängen war in den vergangenen Jahren zu verzeichnen; englischsprachige Webseiten wie femtec.org, in denen sich Frauen in MINT-Studiengängen vernetzen können, oder auf Frauen zugeschnittene Stipendienprogramme im MINT-Bereich haben hier zum Erfolg beigetragen. Obwohl die Zahl der Lehramtsstudierenden mit Erst-, Zweit-, oder Drittfach Informatik seit der Empfehlung des Hochschul-Bildungs-Reports aus dem Jahr 2017/18 leicht angestiegen ist, blieb sie doch weit hinter dem zurück, was für die Einführung eines bundesweiten Pflichtfachs Informatik nötig gewesen wäre.
In Kooperation mit der Daimler und Benz Stiftung und dem Daimler-Fonds unterstützte der Stifterverband in den Jahren von Jahr 2014 bis 2019 über die Programminitiative MINTernational und seit dem Jahr 2019 über den ClubMINT den strategischen Ausbau der Internationalisierung von MINT-Studiengängen durch Best-Practice-Beispiele und Vernetzung der Hochschulen. Über den mit 650.000 Euro dotierten Qualitätszirkel Studienerfolg entwickelte der Stifterverband in den Jahren 2013 bis 2015 gemeinsam mit ausgewählten Hochschulen Strategien und konkrete Maßnahmen, mit denen sich bessere Studienerfolge in den MINT-Fächern generieren lassen. Gemeinsam mit der Körber-Stiftung förderte der Stifterverband im Programm MINT-Regionen von 2017 bis 2019 den Aufbau sieben regionaler Netzwerke zur besseren Abstimmung der regionalen MINT-Nachfrage und des MINT-Angebots.
Seit dem Jahr 2005 prägte vor allem ein Ingenieurmangel die MINT-Diskussion. Seit dem Jahr 2015 steht zunehmend ein Mangel an Informatikerinnen und Informatikern im Fokus der Diskussion. Dieser wird auch in den kommenden Jahrenzusammen mit der Verankerung von digitalen Kompetenzen als Querschnittskompetenzen in allen Berufsfeldern eine zentrale Rolle spielen. Parallel dazu werden auch alle MINT-Berufe wieder stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit bei der Bewältigung von gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen rücken. Um dieser Entwicklung gerecht werden zu können, benötigen Tech-Spezialisten zunehmend transformative Skills.
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