Internationale Bildung

Das Handlungsfeld "Internationale Bildung" konnte sich über das letzte Jahrzehnt mit Abstand am positivsten entwickeln und hebt die besondere Attraktivität von Deutschland als Studienort für internationale Studierende hervor. Der Index zählte im Jahr 2019 schon 96 von 100 Punkten, fiel dann durch die Covid-19-Pandemie aber auf 68 Punkte im Jahr 2020 zurück.

 
Das Handlungsfeld "Internationale Bildung" 
beschäftigt sich zum einen mit der Internationalisierung deutscher Studiengänge und der Auslandsaufenthalte deutscher Studierender. Zum anderen geht es darum, Deutschland als Studienort für Bildungsausländer – also ausländische Studierende mit im Ausland erworbener Hochschulberechtigung – attraktiver zu machen. Denn mit zunehmender internationaler Mobilität, aber auch wachsender Diversität in unserer Gesellschaft werden interkulturelle Kompetenzen immer wichtiger. Gleichzeitig werden gut ausgebildete internationale Fachkräfte dringend gebraucht.

Ein Ziel im Handlungsfeld "Internationale Bildung" war es, dass sich deutsche Studierende selbstverständlicher im internationalen Umfeld bewegen, zum Beispiel durch einen Auslandsaufenthalt im Studium oder ein internationalisiertes Studium zu Hause. Der Anteil von deutschen Absolventen und Absolventinnen mit Erasmus-Erfahrung sollte deshalb bis zum Jahr 2020 auf 10 Prozent steigen.

Gleichzeitig sollte Deutschland ein attraktiver Studienort für ausländische Studierende sein. Der Hochschul-Bildungs-Report setzte beispielweise für 2020 das Ziel, dass Bildungsausländer 20 Prozent der gesamten Studienanfänger ausmachen. In beiden Fällen wurden die Zielmarken nach den besten EU-Ländern im Jahr 2010 festgelegt. Um diese Ziele zu erreichen, müssen deutsche Hochschulen durch englischsprachige oder internationale Studiengänge und die Möglichkeit, einen Auslandsaufenthalt problemlos in den Studienverlauf zu integrieren, die strukturellen Voraussetzungen schaffen.

 

Internationale Bildung stellt das Handlungsfeld mit der positivsten Entwicklung über die vergangenen zehn Jahre dar; gleichzeitig sind hier die negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie am stärksten zu spüren gewesen. Während vor der Pandemie im Jahr 2019 der Gesamtindex bei 96 von 100 Punkten lag, fiel er im Jahr 2020 auf 68 zurück. Laut Umfragen des DAAD ist die Begeisterung für Auslandserfahrungen allerdings ungebrochen, deshalb spricht viel dafür, dass die Auslandsmobilität nach der Pandemie auf das Niveau von 2019 zurückkehrt. Es ist daher sinnvoll, die Indikatoren in diesem Handlungsfeld für 2019 und die Auswirkungen im Coronajahr 2020 gesondert zu betrachten.

Die Anzahl der Bildungsausländer im 1. Hochschulsemester übertraf schon im Jahr 2014 die Zielmarke von 87.000 Studierenden für das Jahr 2020 und stieg kontinuierlich bis rund 111.000 im Jahr 2019 an. Im Jahr 2017 übertraf erstmals auch der Anteil der Bildungsausländer unter allen Erstsemestern die Zielmarke von 20 Prozent und stieg 2019 auf 21,8 Prozent an. Beide Indikatoren verzeichneten im Coronajahr 2020 einen Rückgang um etwa 20 Prozent. Im Vergleich dazu scheinen die Zahlen der ausländischen Studienabsolventinnen und -absolventen weniger von der Pandemie beeinflusst worden zu sein; womöglich, weil diese Personengruppe ihr schon begonnenes Studium weniger leicht aufschieben konnte. Nichtsdestotrotz standen ausländische Studierende durch den coronabedingten Ausfall von Nebentätigkeiten und finanziellen Krisen in ihren Heimatländern vor besonders großen finanziellen Herausforderungen, welche in manchen Fällen ein temporäres Aussetzen des Studiums bewirkt haben dürften. Es ist daher anzunehmen, dass sich die positive Entwicklung der Anzahl und des Anteils der Bildungsausländer seit 2013 auch im Jahr 2020 fortgesetzt hätte und die Zahlen entsprechend höher gewesen wären. Mit rund 47.200 ausländischen Studienabsolventinnen und -absolventen im Jahr 2020 konnte die Zielmarke von 56.100 nicht erreicht werden; auch beim Anteil der ausländischen Absolventinnen und -absolventen, der im Jahr 2020 bei rund zehn Prozent lag, wurde die Zielmarke von elf Prozent verfehlt.

Da die Einrichtung von neuen Studiengängen langfristiger angelegt ist, sind die Indikatoren in diesem Bereich weniger von der Covid-19-Pandemie beeinflusst worden. Seit dem Jahr 2013 sind bezüglich der Internationalisierung und der englischsprachigen Studiengänge positive Entwicklungen zu verzeichnen. Der Anteil der englischsprachigen Studiengänge unter allen Studiengängen erreichte schon im Jahr 2017 das angepeilte Ziel von 6,8 Prozent und steigerte sich bis zum Jahr 2020 sogar auf 7,7 Prozent. Der Anteil der internationalen Studiengänge unter allen Studiengängen bleibt mit 9,3 Prozent im Jahr 2020 allerdings noch hinter der Zielmarke von 11 Prozent zurück. Internationale Studiengänge unterscheiden sich von rein englischsprachigen Studiengängen unter anderem durch die Möglichkeit internationaler Doppelabschlüsse oder mindestens zweisemestrigen obligatorischen Auslandsaufenthalten.

Bezüglich des wissenschaftlichen Personals stagnierte der Anteil ausländischer Professorinnen und Professoren an der gesamten Professorenschaft in den letzten Jahren und verfehlte seine Zielmarke von 7,5 Prozent knapp mit 7,2 Prozent im Jahr 2020. Der Anteil der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter allen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übertraf hingegen erstmals im Jahr 2019 die Zielmarke von 15,5 Prozent und konnte sich selbst im Coronajahr 2020 auf 16,5 Prozent steigern. Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in der Zahl der internationalen Promovierenden wider, die allerdings nicht als Indikator im Hochschul-Bildungs-Report geführt wird. Im Jahr 2019 waren es rund 27.100, was einem Viertel aller Promovierenden in Deutschland entspricht. Damit lag die Zahl drei Prozent höher als im Vorjahr und 52 Prozent höher als vor zehn Jahren.

Indikatoren zur Auslandserfahrung deutscher Studierender liegen uns nur bis zum Jahr 2018 vor. Hier stagniert der Anteil der Studienabsolventen mit Erasmus-Erfahrung an allen Absolventen seit Beginn im Jahr 2010 und konnte damit auch 2018 mit 8,5 Prozent den Zielwert von 10 Prozent nicht erreichen. Die Anzahl deutscher Studierender im Ausland außerhalb des Erasmus-Programms konnte den Zielwert von 150.000 ebenfalls nicht erreichen und war zwischen 2016 und 2018 sogar rückläufig bis zu einem Wert von rund 102.200. Positiver gestaltete sich die Zufriedenheit der Studierenden mit Beratung durch das akademische Auslandsamt. 63,3 Prozent waren damit im Jahr 2018 zufrieden oder sehr zufrieden und die Zielmarke von 62,2 Prozent wurde damit erreicht. Auch die Möglichkeit, Auslandsaufenthalte ohne zeitliche Verzögerung durchzuführen, hat sich seit dem Jahr 2014 kontinuierlich positiv entwickelt und stand im Jahr 2018 bei 29 Prozent; die Zielmarke für 2020 wären 33,5 Prozent gewesen.

 

2010 bis 2020: Was wurde erreicht?

Obwohl die Covid-19-Pandemie einige Fortschritte im Handlungsfeld "Internationale Bildung" zurückgeworfen hat, ist anzunehmen, dass die Erfolge nach der Pandemie zurückkehren. Im Jahr 2014 empfahl der Hochschul-Bildungs-Report, den Übergang von internationalen Studierenden in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Mit dem Projekt Study & Work unterstützte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Kooperation mit dem Stifterverband den erfolgreichen Ausbau regionaler Netzwerke von Hochschulen und Unternehmen. Begleitstudien dieses Projekts halfen dabei, Faktoren zu identifizieren, die internationalen Studierenden für den Verbleib in Deutschland wichtig sind. Dass der im Jahr 2015 empfohlene Ausbau berufsvorbereitender Auslandsaufenthalte in Kooperation mit Unternehmen vorangeschritten ist, zeigt sich durch die gestiegene Anzahl von Erasmus-Praktika, die in den Jahren 2015 bis 2019 um 21 Prozent zugenommen hat; im Jahr 2020 ging diese Zahl allerdings wieder leicht zurück.

 

Wo hat sich der Stifterverband engagiert?

Das größte Projekt im Handlungsfeld "Internationalen Bildung" war die oben genannte Kooperation Study & Work mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Hier wurden in den Jahren von 2015 bis 2017 zehn Modellprojekte an Hochschulen mit je 120.000 Euro unterstützt.

In ihrer Studie "Ausgebremst statt durchgestartet" zeigten der Stifterverband und die Fintiba GmbH im Jahr 2019 die Probleme und Lösungen für Studierende aus Nicht-EU-Staaten beim Studium in Deutschland auf. Vor allem bürokratische Hürden wirken sich demnach hierzulande negativ auf den Studienerfolg dieser Gruppe aus. Mit den #SemesterHacks im Jahr 2020 und 2021 brachten das Hochschulforum Digitalisierung, dessen Geschäftsstelle beim Stifterverband angesiedelt ist, und der DAAD eine vielfältige Allianz nationaler und internationaler Akteure zusammen, mit dem gemeinsamen Ziel, die digitale Hochschulbildung in Deutschland, Europa und global nachhaltig zu verändern. Mit der EdTech-Charta will der Stifterverband  Kooperationen zwischen Hochschulen und EdTechs stärken, um Bildungsinnovationen in Deutschland agiler zu erproben und weiterzuentwickeln sowie den internationalen Austausch von Bildungsformaten voranzutreiben; eine erste Fassung der EdTech-Charta erschien im Jahr 2021.

Was bleibt zu tun?

In der Internationalen Bildung sollten die nächsten Jahre von Innovation und Flexibilität geprägt sein. Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie hat die enorme Bedeutung von neuen technologischen Mitteln für die Internationalisierung gezeigt. Bis 2030 müssen diese ein fester Bestandteil der Internationalen Bildung werden, damit diese immer mehr Studierenden zugänglich wird. Des Weiteren muss sich unser Verständnis von Internationalität ändern. Beispielsweise muss Onlineabschlüssen von Universitäten, etwa über EdTech-Plattformen, in Zukunft das gleiche Maß an Legitimität entgegengebracht werden wie herkömmlichen Bachelor- und Masterabschlüssen.

Empfehlungen:

  • Den internationalen fachlichen Austausch weiter digitalisieren, um durch hybride Lehrformate den Studierenden einen internationalen Austausch zu ermöglichen, die sonst nicht ins Ausland verreisen können oder wollen.
  • Die Möglichkeiten digitaler Prüfungsformate an Heimatuniversitäten während des Auslandsaufenthalts ausbauen.
  • Kooperationen zwischen Hochschulen und EdTechs, die Onlinelernplattformen anbieten, verstärken, um über attraktive Studienangebote auf diesen Plattformen für einen Aufenthalt an deutschen Hochschulen werben zu können.

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von