Future Skills 2021

21 Kompetenzen für eine Welt im Wandel

Diskussionspapier

Future Skills 2021 (Cover)

Dieses Paper wurde im November 2021 vom Stifterverband in Zusammenarbeit mit McKinsey & Company veröffentlicht. Das hier vorgestellte Framework "Future Skills 2021" stellt eine Erweiterung des Frameworks aus dem Jahr 2018 dar. Ergebnis damals war ein Framework mit drei Kategorien – die Dimension der transformativen Kompetenzen ist nun als vierte Kategorie ergänzt worden.

Dieses erste Framework wurde im Austausch mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft unter Berücksichtigung der Ergebnisse und Rückmeldungen der Future-Skills-Umfrage 2019 aktualisiert. Zudem wurden die Skill-Frameworks internationaler wie nationaler Organisationen (zum Beispiel von UN, OECD, Bundesagentur für Arbeit) einbezogen, und das Framework wurde durch Präsentationen und Diskussionen weiter geschärft.

Die hier dargestellten Ergebnisse basieren auf einer im Juli und August 2021 online durchgeführten Befragung. Insgesamt haben sich 377 Unternehmen und 123 Behörden beteiligt. Befragt wurden leitende Angestellte und Personalverantwortliche zu ihren aktuellen Weiterbildungsstrukturen und den Future Skills. Dieses Diskussionspapier gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Umfrage, zeigt konkrete Handlungsempfehlungen für Akteure auf und erläutert, wie Politik, Unternehmen und Hochschulen ihren Beitrag zu einer verstärkten Vermittlung von Future Skills leisten können.

 

Die zentralen Aussagen des Papers:

  • Ob Digitalisierung, Klimawandel oder COVID-19-Pandemie: Enorme Herausforderungen verlangen von Beschäftigten neue Kompetenzen, sogenannte Future Skills.
  • Im Future-Skills-Framework 2021 identifizieren Stifterverband und McKinsey & Company insgesamt 21 Kompetenzen in den vier Kategorien: "Klassische Kompetenzen", "Digitale Schlüsselkompetenzen", "Technologische Kompetenzen" und "Transformative Kompetenzen".
  • Transformative Kompetenzen nehmen für Unternehmen eine immer wichtigere Rolle ein und stellen die größte Neuerung zum erstmals 2018 vorgestellten Framework dar. Sie sind grundlegend, um gesellschaftliche Veränderungen mutig gestalten zu können, indem sie Bewusstsein für gesellschaftliche Herausforderungen schaffen und sowohl das Entwickeln visionärer Lösungen unterstützen als auch Menschen hinter einem gemeinsamen Ziel zu vereinen.
  • Eine Umfrage unter 500 deutschen Unternehmen und Behörden des öffentlichen Sektors bestätigt die Wichtigkeit transformativer Kompetenzen – insbesondere Dialog- und Konfliktfähigkeit sowie Urteilsfähigkeit.
  • Auch digitale Schlüsselkompetenzen (zum Beispiel Digital Literacy) und klassische Kompetenzen (zum Beispiel Lösungsfähigkeit) bleiben enorm wichtig und werden in den nächsten fünf Jahren noch weiter an Bedeutung gewinnen.
  • Handlungsempfehlungen für Hochschulen, Unternehmen und Behörden sollen helfen, die Aus- und Weiterbildung von Future Skills stärker in den Fokus zu stellen, zum Beispiel innerhalb einer Organisation über eine stetige Erfassung der Kompetenzbedarfe und zielgerichtete Weiterbildungen. Und organisationsübergreifend im Rahmen von Fachkräftedialogen unter Beteiligung der Politik zur realistischen Einschätzung des tatsächlichen Skill-Bedarfs, um den Fachkräftemangel gezielt anzugehen.
Die vier Kategorien des Future-Skills-Frameworks 2021
Die vier Kategorien des Future-Skills-Frameworks 2021

21 Kompetenzen in vier Kategorien

Der rasante Wandel der vergangenen Jahre stellt neue Anforderungen an künftig benötigte Kompetenzen. Die Jahre 2020 und 2021 waren geprägt von großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Der Druck auf Unternehmen, in gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen zu denken und zu operieren sowie die Welt von morgen interdisziplinär zu gestalten, ist stark gestiegen. Dies schlägt sich auch in dem Future-Skills-Framework 2021 nieder: Unternehmen fordern von ihren Beschäftigten deutlich mehr transformative Kompetenzen. Das aktualisierte Framework umfasst nun 21 Kompetenzen in vier Kategorien. Dieses Framework spiegelt die Sicht deutscher Unternehmen und Behörden des öffentlichen Sektors wider und wurde in einer Umfrage unter 500 Unternehmen und Behörden bestätigt.

  • Technologische Kompetenzen umfassen jene Kompetenzen, die vor allem für die Gestaltung und effiziente Nutzung von Technologien wichtig sind. Dazu zählen etablierte Technologien, die Kompetenzen wie Softwareentwicklung voraussetzen, sowie Neuentwicklungen, welche zum Beispiel Kenntnisse in Data Analytics und Künstlicher Intelligenz (KI) benötigen. Dabei werden technologische Kompetenzen hauptsächlich von Tech-Spezialisten ausgeführt. Sie verfügen über das neueste Fachwissen und können es zielgerichtet anwenden.
  • Digitale Schlüsselkompetenzen als zweite Kategorie beschreiben Kompetenzen, durch die Menschen in der Lage sind, sich in einer digitalisierten Umwelt zurechtzufinden und aktiv an ihr teilzunehmen. Besonders die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig diese Kompetenzen für das Berufsleben und die gesellschaftliche Teilhabe geworden sind, zum Beispiel für das digitale Homeoffice.
  • Klassische Kompetenzen bilden die dritte Kategorie und zählen zu den nicht-digitalen Schlüsselkompetenzen. Diese Kompetenzen stellen den Grundbaustein für den Berufserfolg des Einzelnen, aber auch den Erfolg von Organisationen dar. Hierzu gehören grundlegende Kompetenzen wie Lösungsfähigkeit und Resilienz.
  • Transformative Kompetenzen: Diese ebenfalls nicht-digitalen Schlüsselkompetenzen stellen eine neue Kategorie Skills dar. Sie sind zentral, um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit wie zum Beispiel den Klimawandel oder die COVID-19-Krise angehen und lösen zu können. Im Zentrum stehen dabei Kompetenzen wie Missionsorientierung und Innovationskompetenz, die helfen, viele Menschen hinter einem gemeinsamen Ziel zu vereinen und so gänzlich neue Kräfte zu entfesseln.

Framework mit Kurzbeschreibungen der 21 Future Skills (PDF)

Transformative Kompetenzen

Gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel sowie ökologische und globale Krisen machen einen gesellschaftlichen wie industriellen Transformationsprozess unabdingbar. Da diese Herausforderungen alle Bereiche unseres Lebens beeinflussen, muss die Transformation ebenfalls branchen-, disziplin- und technologieübergreifend stattfinden und von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft angetrieben werden. Dabei sind sowohl Top-down- (zum Beispiel Regularien und Gesetze) als auch Bottom-up-Maßnahmen nötig (Ergreifen der Initiative und Veränderungswille einer Einzelperson). Die zusätzliche Kategorie der transformativen Kompetenzen im Future-Skills-Framework 2021 beschreibt genau jene Kompetenzen, die es braucht, um diese Bottom-up-Transformationsprozesse in Gang zu setzen.

Transformative Kompetenzen ermöglichen Menschen, sich gesellschaftlicher Herausforderungen bewusst zu werden, visionäre Lösungen zu entwerfen und den Mut zu haben, Andere von diesen zu überzeugen. So müssen zunächst gesellschaftliche Herausforderungen unter Berücksichtigung der Qualitätsunterschiede verschiedener Informationsquellen beurteilt werden (Urteilsfähigkeit). Um das Bewusstsein und Wissen um diese Herausforderungen in Handlungen überführen zu können, bedarf es zum einen der Fähigkeit, Veränderungsziele entwickeln zu können (Veränderungsfähigkeit), zum anderen der Kompetenz, Innovationen zu generieren, die den Status quo in Frage stellen (Innovationskompetenz). Um diese Lösungen effektiv erarbeiten und schließlich auch vermitteln zu können, muss man zum einen in der Lage sein, widersprüchliche Perspektiven zu verstehen und Dilemmata auszugleichen (Dialog- und Konfliktfähigkeit). Zum anderen müssen andere Menschen von diesen Lösungen überzeugt werden können. Nur so kann eine Vision von einer neuen Zukunft und eine gemeinsame Werteorientierung geschaffen werden. Hier steht die Fähigkeit, ein Missionsnarrativ schaffen und andere inspirieren zu können, im Fokus (Missionsorientierung).

Die transformativen Kompetenzen wurden im Austausch mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie im Kontext internationaler transformativer Wissensressourcen erarbeitet. Dazu gehören die 17 Sustainable Development Goals der UN (DESA 2021), die drei transformativen Kompetenzen im Lernkompass der OECD (2021), die Global Skills Taxonomy des World Economic Forums (2021), die digitalen Skills aus der Initiative D21 (2021), die Kompetenzen für die Arbeitswelt 4.0 der Bundesagentur für Arbeit (2020), verschiedene Change-Management-Modelle sowie Meinungen von Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Bildung.

Umfrage zu Future Skills 2021

In einer Umfrage unter 500 Unternehmen und Behörden des öffentlichen Sektors in Deutschland zeigte sich, dass die Befragten die Wichtigkeit der einzelnen Kompetenzen beziehungsweise Kategorien heute und in der Zukunft unterschiedlich bewerten.

  • Klassische Kompetenzen finden im Jahr 2021 die höchsten Zustimmungswerte. Dabei steht allen voran die Lösungsfähigkeit (95 Prozent), welche die höchste Zustimmung von allen abgefragten Kompetenzen hat. Unternehmerisches Handeln und Eigeninitiative (87 Prozent), Resilienz (83 Prozent) und Kreativität (83 Prozent) werden auch von den meisten befragten Unternehmen und Behörden als wichtig erachtet. Diese werden in den nächsten fünf Jahren weiterhin an Wichtigkeit gewinnen, zum Beispiel steigt Lösungsfähigkeit um weitere vier Prozentpunkte auf insgesamt 99 Prozent an und ist mit der Kompetenz Dialog- und Konfliktfähigkeit der absolute Spitzenreiter aller Future Skills.
  • Transformative Kompetenzen werden wichtiger, um Lösungen für die Welt von morgen zu finden. Auffallend ist insbesondere die Dialog- und Konfliktfähigkeit, welche am zweitwichtigsten von allen Kompetenzen eingeschätzt wurde (92 Prozent). Urteilsfähigkeit, Innovationskompetenz und Veränderungsfähigkeit werden von mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen und Behörden schon heute als wichtig eingestuft. Digitale Schlüsselkompetenzen werden – mit Ausnahme von Digital Literacy – im Vergleich zu klassischen und transformativen Kompetenzen für heute noch als etwas weniger wichtig eingeschätzt. Die digitalen Schlüsselkompetenzen gewinnen aber aus Sicht der Befragten zukünftig deutlich an Wichtigkeit. Der Anteil der Unternehmen und Behörden, die sie als wichtig in fünf Jahren erachtet, steigt im Vergleich zu heute um rund 20 Prozent.
  • Technologische Skills werden in Zukunft erheblich an Bedeutung zunehmen. Aktuell gilt IT-Architektur – das heißt der Aufbau, Betrieb und Sicherung von komplexen IT-Infrastrukturen wie zum Beispiel Cloudlösungen – als relevanteste technologische Fähigkeit (heute 69 Prozent vs. 84 Prozent in fünf Jahren). Während nutzerzentriertes Design, Softwareentwicklung sowie Data Analytics und KI bereits heute 51 bis 61 Prozent der Befragten als wichtig erachten, steigt der Anteil in den kommenden fünf Jahren auf 65 bis 75 Prozent. Erstaunlicherweise wird sogar Quantencomputing als sehr neuer Future Skill bereits von 20 Prozent der Befragten als wichtig erachtet. Das starke Wachstum von 16 Prozentpunkten in den kommenden fünf Jahren zeigt dessen Bedeutung für die Zukunft auf.

Handlungsempfehlungen

Die sich schnell verändernde Arbeitswelt verbunden mit großen sozialen und ökologischen Herausforderungen verlangt von Unternehmen eine stetige Bewertung der in ihren Organisationen benötigten Kompetenzen. Hierzu müssen Unternehmen, die für sie besonders relevanten Future Skills identifizieren, mit den vorhandenen Kompetenzen abgleichen und die Schließung möglicher Kompetenzlücken strategisch angehen. Dies betrifft vor allem drei Bereiche: Qualifizierung, Rekrutierung und Neuorientierung für neue Situationen. Die Handlungsempfehlungen helfen Unternehmen, die Aus- und Weiterbildung von Future Skills noch stärker als bisher in den Fokus zu stellen.

  • Kompetenzbedarfsplanung innerhalb von Unternehmen und Unternehmensverbänden
    Arbeitgeber müssen in einem strukturierten Verfahren und an ihrer Unternehmensstrategie orientiert Bestand und Bedarf an Future Skills bei ihren Beschäftigten erheben und Lösungen zum Füllen möglicher Lücken entwickeln. Dem Thema Qualifizierung kommt dabei eine Schlüsselrolle für die Zukunft zu.

    Zusätzlich müssen Politik und Unternehmensverbände Formate für den Fachkräftediadialog zur realistischen Einschätzung des tatsächlichen Skill-Bedarfs fördern und den Fachkräftemangel gezielt angehen. Programme, die Wirtschaft, Behörden und Hochschulen miteinander vernetzen und eine Diskussionsplattform mit anderen Akteuren im Bildungssystem schaffen, werden dem Fachkräftemangel fundiert entgegenwirken.
     

  • Kooperationen zwischen Unternehmen, Hochschulen und EdTechs stärken
    Tauschen sich Unternehmen in puncto Kompetenzen enger untereinander, aber auch mit Hochschulen und privaten Bildungsanbietern aus, so erhalten alle Akteure ein umfassenderes Bild über den existierenden Future-Skills-Bedarf. Dieser kann dann zielgenauer durch Weiterbildungsmaßnahmen gedeckt werden. Gerade bei neuen technologischen Kompetenzen bieten sich Kooperationsplattformen mehrerer Hochschulen an. Es sollte ein Netzwerk an Dienstleistern aufgebaut werden statt der Eigenentwicklung sämtlicher Inhalte durch jedes einzelne Unternehmen. Durch die Kooperation mit Hochschulen, EdTechs und weiteren Akteuren kann so ein Ökosystem für die Weiterbildung aufgebaut werden.

    Ein Beispiel einer solchen Plattform ist das Volkswagen Bildungsinstitut Zwickau, welches nicht nur für die Weiterbildung innerhalb Volkswagen genutzt wird, sondern auch Mitbewerben zur Verfügung steht und somit branchenintern das Wissen geteilt wird für die Transformation der Industrie.

    Dabei sollten auch vermehrt transformative Kompetenzen gefördert werden. Unternehmen müssen sich mit dem Ziel organisieren (zum Beispiel in Verbänden oder durch die Gründung von Instituten), transformative Kompetenzen als Teil von großflächigen Upskilling-Kampagnen zu vermitteln. Es gilt, möglichst viele Beschäftigte in kürzester Zeit für die Herausforderungen von morgen zu wappnen.

Inhaltliche Leitung und Ansprechpartner
Mathias Winde, Stifterverband
Julia Klier, McKinsey & Company

Projektteam Stifterverband
Volker Meyer-Guckel, Eike Schröder, Felix Süßenbach,
Mathias Winde, Florian Rampelt, Dana-Kristin Mah

Projektteam McKinsey & Company
Sebastian Buck, Solveigh Hieronimus, Julia Klier, Julian Kirchherr, 
Mathias Keller, Moritz Metzger, Neslihan Sönmez, Frederik Schulze Spüntrup

Redaktion
Kirsten Best-Werbunat, Simone Höfer

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von