Hochschul-Bildungs-Report 2020
Jahresbericht 2019
Welche Fähigkeiten benötigen Menschen für ihr berufliches, aber auch für ihr gesellschaftliches Leben in den kommenden Jahren? Wie muss sich das Bildungssystem entwickeln, um seinen Beitrag zur Vermittlung dieser Fähigkeiten zu leisten? Antworten auf diese Fragen bietet der aktuelle Hochschul-Bildungs-Report 2020. Mittlerweile zum fünften Mal liefert die Untersuchung die relevanten Zahlen zum Status der Hochschulbildung in Deutschland – in sechs Handlungsfeldern entlang von 70 Indikatoren.
Fokusthema in diesem Jahr ist das Handlungsfeld Quartäre Bildung, in dem es um wissenschaftliche Weiterbildung geht. Eine zentrale Erkenntnis: Education-Start-ups mischen zunehmend den Weiterbildungsmarkt auf – auch im akademischen Bereich. Diese relativ jungen und innovativen Unternehmen und Onlineplattformen punkten durch ihre aktuellen Future-Skills-Angebote, durch eine hohe Anwendungsorientierung und durch innovative Erlösmodelle. So bieten acht der zehn umsatzstärksten Education-Start-ups technologische Future Skills an. Das Lernen ist häufig projektbasiert, individualisiert – also auf einzelne Lernende oder Gruppen von Lernenden zugeschnitten – und an der Anwendungsrealität orientiert. Die Erlösmodelle halten die monetäre Hemmschwelle zumeist niedrig und reichen von Freemium-Modellen (Bezahlen nur für Premiuminhalte) über Abonnements bis hin zur Bezahlung nach Kurserfolg. Der Hochschul-Bildungs-Report untersucht den Erfolg von Education-Start-ups erstmals genauer und zeigt die Bereiche auf, wo Hochschulen von ihnen lernen können.
Der Hochschul-Bildungs-Index erreicht 2017 auf seiner Skala von 0 bis 100 Punkten lediglich 46 Punkte. Das ist zwar im Jahresvergleich ein Plus von 5 Punkten, aber viel zu wenig, um das Ziel von 70 Punkten zu erreichen, das für die sechs Handlungsfelder für das Jahr 2017 gesetzt wurde. Diese Zahl erreicht nur ein Handlungsfeld: die Internationale Bildung mit 75 Punkten. Die Indikatoren in diesem Handlungsfeld weisen alle darauf hin, dass die Internationalisierung des deutschen Hochschulsystems weiterhin in einem beachtlichen Tempo voranschreitet. Mit 47 Punkten liegen die Indikatoren für eine Chancengerechte Bildung im Mittelfeld – ebenso wie die Indikatoren des Handlungsfelds Beruflich-akademische Bildung (40 Punkte) – und kommen deutlich langsamer als die Internationale Bildung voran. Der Bereich der MINT-Bildung konnte mit einem Plus von 6 Punkten zwar etwas überdurchschnittlich zulegen, bleibt mit 41 Punkten aber ebenfalls weit hinter der Zielsetzung von 70 Punkten zurück.
Schlusslichter bilden die beiden Handlungsfelder Lehrer-Bildung und Quartäre Bildung. Die Lehrer-Bildung erreicht 30 Punkte (plus 1) und die Quartäre Bildung 31 Punkte. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre hat der Index nur 4 Punkte hinzugewonnen. Um im Jahr 2020 die Zielmarke von 100 Punkten zu erreichen, muss der Wert eines Handlungsfeldes aber jährlich um 10 Punkte zulegen. Konkret heißt das: Fast kein Indikator im Bereich Weiterbildung hat sich groß bewegt. Der Anteil der Studierenden im Teilzeit-, Fern- oder Weiterbildungsstudium verharrt auf niedrigem Niveau. Der Anteil an weiterbildenden Masterstudiengängen war sogar rückläufig. Einen Lichtblick gibt es: Der Anteil der berufsbegleitenden Masterstudiengänge hat sich seit 2013 fast verdoppelt. Die Zahlen des Indexes sind alarmierend, insbesondere da es durch die rasante Veränderung der Arbeitswelt einen enormen Weiterbildungsbedarf gibt.
Durch die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung verändert sich die Arbeitswelt in einer bisher unbekannten Geschwindigkeit. Einige Fähigkeiten, Kompetenzen und Eigenschaften werden infolge dieser Veränderungen für die gesellschaftliche Teilhabe – im Privaten wie im Beruf – wichtiger, während andere dramatisch an Bedeutung verlieren. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen in absehbarer Zukunft konkret an Bedeutung gewinnen werden, haben Stifterverband und McKinsey untersucht. In Zusammenarbeit mit mehr als 40 Personalverantwortlichen ist dabei ein Framework aus 18 Zukunftskompetenzen, sogenannten Future Skills mit drei Kategorien entstanden:
Eine für diesen Report durchgeführte Unternehmensumfrage belegt, dass der deutschen Wirtschaft etwa 700.000 Technologie-Spezialisten bereits in den kommenden fünf Jahren fehlen. Und: Jeder vierte Erwerbstätige aus der Wirtschaft hat (Nach-)Schulungsbedarf in digitalen und nichtdigitalen Schlüsselqualifikationen.
Diese Zahlen verdeutlichen: Unsere Gesellschaft steht vor enormen Herausforderungen. Um diesen zu begegnen, ist eine veränderte und daran angepasste Personalarbeit und -entwicklung notwendig. Insbesondere das Thema Weiterbildung wird an Bedeutung gewinnen. Die digitale Transformation als Schlüsseltrend bedeutet einen dynamischen und ständigen Prozess der Veränderung, der lebenslanges Lernen als Anpassungsmechanismus qua Definition voraussetzt. Die Analyse der Education-Start-ups zeigt: Einige Unternehmen im Bereich der Weiterbildung bedienen bereits erfolgreich die gesteigerte Nachfrage mit innovativen Konzepten. In Verbindung mit Plattformansätzen können nicht zuletzt Hochschulen von diesen lernen.
Aus der Analyse der Future Skills sowie aus den Recherchen zur Weiterentwicklung des Weiterbildungssystems lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen für Hochschulen und Politik ableiten.
Empfehlungen für die Hochschulen
Empfehlungen für die Politik