Der Hochschul-Bildungs-Report ist die zentrale Publikation der Bildungsinitiative "Zukunft machen". Darin haben der Stifterverband und McKinsey seit 2013 jährlich auf sechs Handlungsfeldern die deutsche Hochschulbildung analysiert. Der Report schließt mit der im Frühjahr 2022 erschienenen Ausgabe die Beobachtung einer Dekade ab. Er lieferte messbare Ziele für das Jahr 2020, die im Dialog mit Experten aus den Stifterverbands-Mitgliedsunternehmen, Wissenschaftsorganisationen und Vertretern der Zivilgesellschaft formuliert wurden. Und er gab Empfehlungen, wie diese Ziele zu erreichen waren.
Der Abschlussbericht kann auf Anfrage kostenfrei auch als gedrucktes Exemplar bezogen werden.
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Nach zehn Jahren Hochschul-Bildungs-Report ziehen Stifterverband und die Unternehmensberatung McKinsey & Company ein ernüchterndes Fazit: In fünf der sechs untersuchten Handlungsfelder - MINT-Bildung, Chancengerechte Bildung, Lehrer-Bildung, Quartäre Bildung, beruflich-akademische Bildung – wurden die gesetzten Ziele verfehlt. Nur im Handlungsfeld Internationale Bildung wurden zwischenzeitlich nahezu alle Ziele erreicht. Das Bildungssystem in Deutschland ist zwar digitaler, internationaler und attraktiver für ausländische Studierende geworden. Doch entscheidet nach wie vor die soziale Herkunft maßgeblich über den Bildungserfolg. Alarmierend ist außerdem die rückläufige Zahl der Absolventen in den MINT-Studienfächern.
Mit Blick auf die Report-Ergebnisse plädieren Stifterverband und McKinsey für den weiteren Ausbau digitaler Studienformate, interdisziplinärer Studiengänge sowie von Weiterbildungsangeboten insbesondere für Berufstätige. Eine Kompetenzerfassung der Belegschaft sei zudem Voraussetzung für eine strategische Aus- und Weiterbildung. Ziel sollte sein, flexibler auf die Bedürfnisse der Studierenden und auch auf die Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu reagieren. Um den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten, sollten Gehälter angepasst und Karrierewege verbessert werden. Im MINT-Bereich seien alle Bemühungen, um insbesondere mehr weibliche Studierende zu gewinnen, fortzusetzen oder sogar zu verstärken. Darüber hinaus sollten mit Blick auf die Chancengerechtigkeit der Ausbau von Ganztagsschulen vorangetrieben werden. Außerdem gelte es vor allem durch zielgruppengerechte Angebote Informationsdefizite abzubauen.
Der für den Hochschul-Bildungs-Report entwickelte Gesamtindex erreicht im Abschlussjahr lediglich 45 Punkte und damit nicht einmal die Hälfte der für das Zieljahr 2020 zu erreichenden 100 Punkte. Auf allen sechs Handlungsfeldern hat die Pandemie einen negativen Einfluss gehabt und die positive Entwicklung der Vorjahre zurückgeworfen.
Mit 68 Punkten erreicht das Handlungsfeld Internationale Bildung die höchste Punktzahl im Index. Die Zahl der Bildungsausländer (ausländische Studienanfänger, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben) erreichte 2019 bereits eine Rekordhöhe von 111.000, ging dann aber Pandemie bedingt zurück auf 86.500 in 2020. Ziel waren 87.000 Erstsemester.Volle Zielerreichung gab es beim Anteil englischsprachiger Studiengänge in allen Studiengängen. Der Anteil von Studienabsolventen mit Erasmuserfahrung stagnierte hingegen über die Jahre.
Auf den Plätzen zwei und drei haben sich die Handlungsfelder Quartäre Bildung (47 Punkte) und Beruflich-akademische Bildung (46 Punkte) zwar tendenziell positiv aber deutlich unter den Zielvorgaben entwickelt. Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen von Weiterbildungsstudiengängen hat sich innerhalb von zehn Jahren auf zuletzt rund 12.000 in 2020 mehr als verdoppelt und den Zielwert nur knapp verfehlt. Positiv, aber viel zu langsam entwickelt, hat sich der Anteil der Studierenden im Fernstudium sowie der Anteil berufsbegleitender Masterstudiengänge. In der beruflich-akademischen Bildung sticht positiv hervor, dass sich die Zahl der Anfänger eines dualen Studiengangs seit 2010 auf rund 30.000 in 2020 nahezu verdoppelt hat, allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Nach wie vor gibt es immer noch nicht in allen Bundesländern ein Angebot für duale Studiengänge. Insgesamt haben sie nur einen Anteil von 7,9 Prozent an allen Studiengängen; Ziel waren 11,1 Prozent
Auch im Handlungsfeld Lehrer-Bildung haben sich die Indikatoren wenig positiv entwickelt – der Index erreicht nur 37 von 100 Punkten. Einzig der Indikator "Erfolgsquote im Lehramt" erreichte sein Ziel von 80 Prozent. Alle anderen untersuchten Indikatoren verfehlten ihre Ziele: Der Anteil der MINT-Studienanfänger im Lehramt sank mit 26 Prozent sogar drei Prozentpunkte unter den Ausgangswert, ebenso wie die Anteil der Frauen in Informatik im Lehramt. Für Männer bleibt das Grundschullehramt wenig attraktiv: Deren Anteil stagnierte über die Jahre bei zuletzt 16,9 Prozent.
Schlusslichter im Index sind die Handlungsfelder MINT-Bildung (32 Punkte) und Chancengerechte Bildung (31 Punkte). Im Handlungsfeld MINT wurden zwar viele Verbesserungen in Bezug auf Diversität (Frauenanteil in T-Studiengängen, Ausländeranteil) erreicht, doch waren die Zahlen der MINT-Studienabsolventen alarmierend rückläufig. In den Fächern Mathematik, Informatik und Naturwissenschaft (MIN) gab es 2020 mit 41.200 sogar 7.400 Absolventen weniger als zehn Jahre zuvor. Im Handlungsfeld Chancengerechte Bildung hat sich die Zahl der Bildungsinländer an den Hochschulen in den vergangenen zehn Jahren kaum erhöht. Außerdem war die Studienerfolgsquote der Bildungsinländer nach positiver Entwicklung bis 2018 zuletzt wieder rückläufig. Nur 27 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus einem Nichtakademikerhaushalt begannen zuletzt ein Studium, Tendenz stagnierend. Bei Akademikerkindern waren es 79 Prozent.