Das deutsche Hochschulsystem hat im Handlungsfeld Chancengerechte Bildung seit 2010 insgesamt gesehen deutliche Fortschritte gemacht. Im aktuellen Berichtszeitraum blieben größere Verbesserungen jedoch aus.
In Deutschland schaffen es Schüler mit Migrationshintergrund und Kinder aus bildungsfernen Schichten immer noch viel zu selten an Hochschulen. Wenn sie studieren, erzielen sie durchschnittlich weniger gute Ergebnisse. Das deutsche Hochschulsystem wird seinem Anspruch nicht gerecht, einen fairen Zugang unabhängig von sozialem oder kulturellem Hintergrund zu bieten. Ziel des Handlungsfeldes Chancengerechte Bildung ist es daher, sowohl den Hochschulzugang als auch den Studienerfolg für diese Gruppen zu verbessern. Bis zum Jahr 2020 soll zum Beispiel die Studierquote von Bildungsinländern (Ausländer, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben) und studienberechtigten Nichtakademikerkindern genauso hoch sein wie die Studierquote von deutschen Akademikerkindern. Diese liegt bei 80 Prozent.
Anders als in den Vorjahren hat sich der Gesamtindex Chancengerechte Bildung 2017 nicht weiter verbessert – er verharrte im Berichtszeitraum bei 47 Punkten (von insgesamt 100 zu erzielenden Punkten). Positiv zu vermerken ist, dass die Anzahl der Bildungsinländer, die ein Hochschulstudium beginnen, im Vergleich zum letzten Hochschul-Bildungs-Report um 2,4 Prozent auf 16.800 angestiegen ist. Der Zielwert des Indikators von 17.400 Bildungsinländern, die ein Studium starten, scheint in Reichweite. Allerdings hatte es 2016 zum Semesterstart bereits 17.100 Bildungsinländer in den Erstsemestern gegeben, sodass sich die Zahl jetzt geringfügig reduziert hat. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Ergebnis in Zukunft weiter schwankt oder sich stabilisiert.
Nur kleine Fortschritte gab es auch bei anderen Indikatoren: Die Anzahl der Bildungsinländer, die ein Studium abgeschlossen haben, nahm gegenüber 2015 um 400 auf insgesamt 8.000 zu. Damit ist der Indikator noch weit von dem Zielwert 12.600 entfernt. Der Anteil der Bildungsinländer an allen Absolventen nahm gegenüber dem letzten Bericht um lediglich 0,2 Prozentpunkte zu und liegt jetzt bei insgesamt 2,6 Prozent. Beim Anteil an allen Studienanfängern fiel der Anstieg mit 0,1 Prozentpunkten auf jetzt 3,3 Prozent noch geringer aus. Beide Indikatoren bleiben weit hinter dem anvisierten Wert von 4 Prozent zurück. Auch der Anteil der Studierenden aus bildungsfernen Schichten, die mit der Betreuung durch Lehrende zufrieden sind, wird nicht größer. Im Vergleich zu 2015 hat sich der Wert ebenfalls nur um 0,1 Prozentpunkte auf heute 63,6 Prozent verbessert. Damit liegt der Indikator jedoch im Soll.
Besonders positiv hervorzuheben ist, dass 50,9 Prozent der studierenden Bildungsinländer weiblich sind. Der entsprechende Indikator hat sich damit stark erhöht – das Zielniveau für 2020 ist somit bereits 2017 fast erreicht. Auch beim Anteil Studierender aus bildungsfernen Schichten, die mit der Betreuung durch Lehrende zufrieden sind, zeigen sich die deutschen Hochschulen auf einem guten Weg. Zwar konnte der Wert seit dem letzten Bericht nicht gesteigert werden; er blieb jedoch im Vergleich zu den Schwankungen der Vorjahre zumindest stabil.
Um den Zielindex bis 2020 erreichen zu können, müssen die deutschen Hochschulen weitere Anstrengungen unternehmen. Die Weichen für chancengerechte Hochschulbildung werden zum Großteil schon vor dem formalen Zugang zur Hochschule gestellt – eine enge Zusammenarbeit mit Gymnasien und Fachoberschulen könnte helfen, die bestehende Lücke zu schließen. Auch gilt es, Schüler mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Schichten verstärkt zu unterstützen, beispielsweise über Informationskampagnen und finanzielle Förderung.