Indexentwicklung 2010 bis 2015

Halbzeitbilanz des Hochschul-Bildungs-Reports

  • Hochschul-Bildungs-Index verfehlt mit 30 Punkten deutlich das gesetzte Ziel von 50 Punkten
  • Diversität unter den Studierenden steigt
  • Internationalisierung entwickelt sich von allen Handlungsfeldern am positivsten
  • Lehrer-Bildung weiterhin Schlusslicht

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 von Stifterverband und McKinsey ist das zentrale Analyseinstrument zur Bildungsinitiative Zukunft machen des Stifterverbandes. Der Report analysiert anhand von insgesamt 75 Indikatoren den Status quo in den sechs Handlungsfeldern Chancengerechte Bildung, Beruflich-akademische Bildung, Quartäre Bildung, Internationale Bildung, Lehrer-Bildung und MINT-Bildung. Das Ergebnis wird jährlich im Hochschul-Bildungs-Index veröffentlicht und bildet die Entwicklung seit 2010 ab.

Im Mittelpunkt der Analyse stehen drei zentrale Fragen: Wo stehen wir in der Hochschulbildung heute? In welche Richtung sollen wir unsere Hochschulbildung bis 2020 weiterentwickeln? Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um diese Ziele zu erreichen?

In dem Jahr 2010 starteten Index und Indikatoren bei 0 Punkten. Wenn alle Indikatoren die gesetzten Ziele erreichen, müsste der Index in dem Jahr 2020 bei 100 Punkten liegen. Das Jahr 2015, das in dem hier vorliegenden Report betrachtet wird, markiert die Halbzeit der Beobachtungsdekade 2010 bis 2020. Der Index sollte 50 Punkte erreichen.

Den Wert von 50 Punkten verfehlt der Hochschul-Bildungs-Index deutlich. Der Index steigt 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 8 Punkte auf lediglich 30 Punkte. Keines der sechs Handlungsfelder erreicht die Marke von 50 Punkten und die damit gesetzten Ziele. Diese Entwicklung zeigt, dass sich das Bildungssystem nicht in der gewünschten Geschwindigkeit an die derzeitigen Herausforderungen anpasst.

Dennoch: Der Anstieg um 8 Punkte ist der größte jährliche Zuwachs seit 2010. Die Indikatoren haben sich also stärker verbessert als in den Vorjahren. Positiv sticht ebenfalls heraus: Im dritten Jahr hintereinander haben sich alle Handlungsfelder positiv entwickelt.

 

Entwicklung in den Handlungsfeldern

Die meisten Fortschritte gibt es im Handlungsfeld Internationalisierung des Hochschulsystems. Mit 44 Punkten verfehlt es nur knapp die angestrebte Marke von 50 Punkten. Ein deutlicher Positivtrend ist auch im Bereich der Chancengerechten Bildung zu erkennen. Hier wirken sich unter anderem die deutlich gestiegene Betreuungszufriedenheit von Studierenden, die eher bildungsfernen Schichten angehören, sowie die steigende Bildungsbeteiligung von Bildungsinländerinnen positiv aus.

Mit rund 25 statt 50 Punkten entwickeln sich drei Handlungsfelder nur halb so schnell wie gewünscht. Dazu zählt erstens die Quartäre Bildung, die Indikatoren zur wissenschaftlichen Weiterbildung sowie zur Digitalisierung des Studiums umfasst und bei 27 Punkten liegt. Der Wert ist von 2014 auf 2015 um 8 Punkte angestiegen. Positiv haben sich besonders die höhere Anzahl an Weiterbildungsabsolventen sowie der Anstieg der berufsbegleitenden Studiengänge ausgewirkt.

Im Handlungsfeld Beruflich-akademische Bildung stagniert die Entwicklung. Die Indikatoren, welche die Verbesserung der Schnittstellen zwischen akademischer und beruflicher Bildung messen, haben sich zwischen 2014 und 2015 nur wenig verändert, sodass der Index einen Wert von 25 Punkten ausweist (+1 Punkt).

Das dritte Handlungsfeld, das sein Ziel nur zur Hälfte erreicht, ist die MINT-Bildung. Deren Indexwert erreicht 24 Punkte, ein Anstieg von 7 Punkten seit 2014. Zwar ist die Anzahl der Studienanfänger in den MINT-Fächern gestiegen, es mangelt allerdings weiterhin insbesondere an Informatik-Studierenden und MINT-Studentinnen. Technische Studiengänge sind immer noch zu wenig international ausgerichtet.

Schlusslicht bleibt das Handlungsfeld Lehrer-Bildung. Es verbessert sich zwischen 2014 und 2015 um lediglich 3 auf 15 Punkte. Deutlich unter den Ausgangswerten von 2010 liegen weiterhin die Anzahl der Lehramtsstudierenden in den MINT-Fächern sowie der Anteil der männlichen Studierenden im Grundschullehramt.

 

Entwicklung in den Zieldimensionen

Um die Entwicklung des Hochschulsystems über einen längeren Zeitraum nicht nur zu untersuchen, sondern auch zielgeleitet zu bewerten, hat der Hochschul-Bildungs-Report von Anfang an zusätzlich zu den sechs Handlungsfeldern drei übergeordnete Zieldimensionen definiert: Akademikerbedarf, Diversität und Nachfrageorientierung des Studiums. Mithilfe dieser Kategorien soll transparent gemacht werden, welche teils quantitativen, teils normativen Zielstellungen verfolgt werden sollten.

Leitgedanke für das Jahr 2020 ist die Entwicklung eines ausdifferenzierten, arbeitsteiligen Hochschulsystems. Welche Schwerpunkte jede Hochschule in Hinblick auf Handlungsfelder und Zieldimensionen dabei setzt, hängt von den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie von ihrer Tradition, ihrem Fächerprofil, ihrem Netzwerk, ihren Entwicklungsmöglichkeiten und nicht zuletzt von ihrem regionalen Umfeld ab.

In Hinblick auf die drei Zieldimensionen hat sich der Gesamtindex in ganz unterschiedlicher Weise weiterentwickelt. Bei der Deckung des Bedarfs an Akademikern hat sich das Bildungssystem am meisten den Zielen angenähert, der Index liegt bei 41 Punkten. Allerdings hat sich dieser Wert zwischen 2014 und 2015 gerade einmal um 1 Punkt verbessert. Dies zeigt, dass bei der Ausbildung von Informatikern bis hin zu MINT-Lehrern in vielen Bereichen keine Fortschritte erzielt wurden.

Beim Ziel Diversität konnten zuletzt größere Fortschritte erreicht werden. Der Index stieg zwischen 2014 und 2015 um 8 auf 32 Punkte. Dazu haben unter anderem mehr Studentinnen in technischen Studiengängen sowie mehr internationale Studierende beigetragen.

Problematisch bleibt weiterhin die Zieldimension der Nachfrageorientierung, die immerhin erstmals ihren Negativtrend umgekehrt hat: Trotz Verbesserung um 4 Punkte liegt die Zieldimension nunmehr bei einem Indexwert von gerade einmal 8 Punkten. Insbesondere die Unzufriedenheit bezüglich Betreuung, Beschäftigungsfähigkeit, Praxisbezug und das in einigen Aspekten nicht an den Bedürfnissen der Studierenden orientierte Studienangebot führen zu diesem nach wie vor geringen Indexwert.

Die Zieldimensionen im Überblick:

  • Akademikerbedarf: Der Bedarf an Hochqualifizierten, der für weiteres wirtschaftliches Wachstum und eine positive gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland insgesamt wünschenswert ist, soll langfristig gedeckt werden.
  • Diversität: Ziel ist es, die Vielfalt der deutschen Gesamtbevölkerung auch in der Studierendenschaft widerzuspiegeln. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sollen unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund gleiche Chancen auf höhere Bildung und die damit verbundenen Möglichkeiten haben.
  • Nachfrageorientierung: Über unterschiedliche Formen des Studiums soll die tertiäre Bildung besser an die Bedürfnisse von Studierenden und Arbeitgebern angepasst werden. Dazu gehören die Steigerung der Internationalität und des Praxisbezugs ebenso wie die Ausdifferenzierung der Studienformen, zum Beispiel über Fern- und Teilzeit-, berufsbegleitende und duale Studiengänge.

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von