Größte Probleme bei Technik und Informatik

Die MINT-Fächergruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Arbeitsmarktsituation, ihres Frauenanteils und ihrer Abbruchquoten – entsprechend differenziert müssen sie betrachtet und damit auch gefördert werden. 

Unter dem Kürzel MINT wird eine Vielzahl von Fächern in den Natur- und Technikwissenschaften zusammengefasst, die insbesondere für die deutsche Industrie von herausragender Bedeutung sind. Von der Metall- und Elektroindustrie über Chemie, Energie und Bau bis hin zur IT- und Kommunikationsbranche sind Unternehmen auf hoch qualifizierte Absolventen dieser Fächer angewiesen.

Ein Mangel an MINT-Absolventen und eine mangelhafte Qualität der hochschulischen MINT-Ausbildung entwickeln sich schnell zu ernsthaften Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche MINT-Initiativen entstanden, die dazu beitragen sollen, den in einigen Fächern bestehenden Akademikermangel langfristig zu mindern. Doch nicht in allen Branchen und Fächern bestehen die gleichen Herausforderungen und nicht für alle sind die gleichen Lösungswege adäquat.

Differenzierung nach Fächern

Nicht in allen MINT-Fächern gibt es ähnlich drängende Probleme – besonderer Handlungsbedarf besteht derzeit in den Fächern Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauingenieurwesen und Informatik – man kann derzeit also eher von einem MEBI- als von einem MINT-Problem sprechen. Diese vier Fächer weisen in allen drei Bereichen Fachkräftebedarf, Frauenanteil und Abbruchquote starke Probleme auf und machen, gemessen an der Studierendenzahl im ersten Hochschulsemester 2012/2013, insgesamt 75 Prozent der MINT-Studierenden aus (Technik davon 58 Prozent). Die jährlichen direkten Ausgaben des Studienabbruchs in den technischen Fächern entsprechen rund 340 Millionen Euro. Würde es gelingen, die hohe Abbrecherquote in den T-Fächern von derzeit rund 50 Prozent auf das Zielniveau von 20 Prozent zu senken, wäre damit ein effizienterer Mitteleinsatz in Höhe von 203 Millionen Euro pro Jahr möglich.

  • Die Arbeitsmarktsituation stellt sich für MINT-Absolventen im Vergleich zu MEBI-Absolventen äußerst unterschiedlich dar. Im Maschinenbau fehlen nach dem Frühjahrsreport des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) 2013 besonders viele Absolventen; 5,7 offene Stellen kommen auf einen Arbeitslosen. Aber auch in der Elektrotechnik (4,7 offene Stellen) und der Informatik (3,7 offene Stellen) werden Hochschulabsolventen stark nachgefragt. Ganz anders dagegen ist die Situation in vielen Naturwissenschaften: Einem arbeitslosen Akademiker steht nicht einmal eine offene Stelle gegenüber. In der Chemie und der Biologie kommen auf einen Arbeitslosen 0,4 offene Stellen, in Mathematik und Physik 0,8.
  • Der Frauenanteil unterscheidet sich stark in den vier Fächergruppen: 2012 lag dieser Wert in den Naturwissenschaften bei etwa 47 Prozent und in Mathematik bei rund 41 Prozent. In den Ingenieurswissenschaften liegt der Frauenanteil allerdings bei lediglich 23 Prozent und in der Informatik bei gerade einmal 21 Prozent. Innerhalb der Fächergruppen sind wiederum große Unterschiede erkennbar. In Physik waren nur etwa 24 Prozent der Studierenden weiblich, in Biologie dagegen 61 Prozent. Innerhalb der Technik-Fächergruppe sind 62 Prozent der Architekturstudierenden, aber nur zwölf Prozent der Elektrotechnikstudierenden Frauen.
  • Die Abbruchquoten an Universitäten in MINT-Bachelorstudiengängen reichen nach den Berechnungen des Hochschul-Informations-Systems (HIS) von etwa 13 Prozent in Geographie bis rund 55 Prozent in Mathematik. In den MEBI-Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik belaufen sie sich auf 53 Prozent, in Bauingenieurwesen auf 51 Prozent und in Informatik auf 47 Prozent. Diese MEBI-Fächer liegen damit weit über dem Bundesdurchschnitt von 35 Prozent.

Empfehlung

Staat, Wirtschaft und Wissenschaft sollten die Herausforderungen in den MINT-Fächern differenzierter behandeln, um Fehlallokationen von Ressourcen und Fehlanreize für Studierende zu vermeiden. Besonderer Handlungsbedarf besteht derzeit in den sogenannten MEBI-Fächern Maschinenbau, Elektrotechnik, Bauingenieurwesen und Informatik. Lösungsansätze zur Bewältigung der Herausforderungen sollten zielgerichtet für einzelne Fächer entwickelt und auf die MEBI-Fächer priorisiert werden. Zur Begegnung von Fachkräfteengpässen sollte die Politik dabei eng mit den verschiedenen Akteuren in Wissenschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten, wie zum Beispiel mit den Branchenverbänden, die spezifisch für ihre Branchen beurteilen können, wo es an Quantität und Qualität in der Ausbildung fehlt. Mehr Begleitforschung sollte die Maßnahmen in Hinblick auf ihre Wirksamkeit hin evaluieren.

Zusätzlich zu den bisherigen Ansätzen sollten MINT-Initiativen von Bund und Ländern in Zukunft auch personenbezogen sein, um die Herausforderungen in einzelnen Fächern gezielter anzugehen. Beispielsweise könnten mit der Hälfte der jährlichen Ausgaben für öffentliche MINT-Förderprogramme, derzeit rund zehn Millionen Euro jährlich, 10.000 Studentinnen in den MEBI-Fächern mit einem Stipendium von 500 Euro im Semester unterstützt werden. Dadurch würden spezifische Anreize für die Aufnahme eines Studiums in einem Mangelfach gesetzt. Nach dem Vorbild des Deutschlandstipendiums sollten die Förderbeträge von privaten Geldgebern aus der Wirtschaft um denselben Betrag ergänzt werden, sodass weitere öffentliche Mittel für die finanzielle Förderung von Studierenden verfügbar wären. Ein daran gekoppeltes Betreuungsprogramm durch Mentoren könnte zusätzlich helfen, die Abbruchquoten der Studierenden zu reduzieren.

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von